NABU Bochum » Ministerin Klöckner missachtet eigenes Versprechen zum Insektenschutz

Ministerin Klöckner missachtet eigenes Versprechen zum Insektenschutz

Der NABU kritisiert die aktuelle Notfallzulassung des insektenschädlichen Neonikotinoids Carnadine scharf. Damit verstößt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erneut gegen ihre eigene Ankündigung „Was der Biene schadet, muss vom Markt“. Das Neonikotinoid Carnadine wird als schädigend für bestäubende Insekten eingestuft. Zugelassen wurde es vom Frau Klöckner direkt unterstellten Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für zunächst 120 Tage zur Behandlung von Zuckerrüben und Futterrüben im Freiland.


„Frau Klöckners Januskopf wird immer offensichtlicher: Nach außen inszeniert sie sich als oberste Bienenschützerin, im Hintergrund versetzt sie den Insekten den nächsten K.O.-Stoß. Ohne Rücksicht auf Verluste bei Insekten winkt sie erneut ein tödliches Gift auf den Markt. Und das in Zeiten, in denen jede zweite Wildbiene gefährdet ist und die ganze Republik über Maßnahmen gegen das Insektensterben diskutiert“, kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Bereits Anfang März hatte das BVL in einem höchst umstrittenen Schritt weiteren 18 Pestiziden die Zulassung erteilt. Darunter einem glyphosathaltigen Präparat und dem stark bienenschädlichen Neonikotinoid-Nachfolger Cyantraniliprol.

„Die Agrarministerin schafft es, in nur drei Wochen gleich zwei Koalitionsziele zu torpedieren: sowohl den vereinbarten Ausstieg aus Glyphosat als auch den Schutz von Insekten. So riskiert sie das Vertrauen der Bürger völlig. Dabei müsste die Regierung jetzt alles tun, um das Insektensterben zu stoppen. Dieses Problem ist lebensentscheidend für uns alle und duldet keine weitere Zulassung von Mitteln, die Insekten schaden“, so Miller.

Schädliche Präparate umgehend verbieten

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller forderte Bundesagrarministerin Klöckner auf, umgehend sämtliche bienenschädlichen Präparate vom Markt zu nehmen, wie es auch das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt verlangen, und keine Notfallzulassungen mehr durchzuwinken. Für das neu zugelassene Neonikotinoid Carnadine dürfe es zudem keinesfalls eine Verlängerung ohne Umweltauflagen geben, gleiches gelte für die zuletzt zugelassenen 18 Präparate.

Der aktuelle Fall zeige zudem, wie marode und unzeitgemäß das Zulassungsverfahren für Pestizide sei. „Wir brauchen dringend eine Reform der Pestizidzulassung. Bislang werden die konkreten Auswirkungen der Präparate auf die Natur nicht ausreichend berücksichtigt“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Nach dem Pflanzenschutzgesetz muss schon heute immer das Umweltbundesamt bei Zulassungen beteiligt werden, es hat ein Vetorecht – hiergegen hatte das BVL allerdings mit seinem umstrittenen Alleingang vor rund drei Wochen verstoßen. Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hatte 2018 bereits konkrete Vorschläge für eine umweltverträglichere Zulassungspraxis gemacht.

Der NABU fordert zudem, dass künftig das Biodiversitätsflächenkonzept des Umweltbundesamtes umgesetzt wird. Demnach sollen bei jedem Einsatz von Pestiziden, die erhebliche negative Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt haben, Ausgleichsflächen geschaffen werden. Diese müssen mindestens zehn Prozent der Fläche jenes Betriebs ausmachen, der Mittel mit der Auflage anwendet. Diese Biodiversitätsflächen sollen so einen effektiven Rückzugsraum für Insekten, Amphibien und weitere Tierarten schaffen. Gleichzeitig fordert der NABU die Bundesregierung auf, den Einsatz von Pestiziden insgesamt stark zu reduzieren. „Frau Klöckner hat zum Schutz der Insekten bisher leider kaum etwas geliefert. Sie muss endlich dafür sorgen, dass in Deutschland weniger Pestizide auf die Felder und Wiesen kommen. Andernfalls macht sie sich mitschuldig am drohenden Kollaps der Ökosysteme“, so Miller.

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