Die Wegwarte (Cichorium intybus) wurde zur Heilpflanze des Jahres 2020 erklärt.
Bereits in vorkeltischer Zeit war die Wegwarte eine hochverehrte heilige Pflanze, die als pflanzliche Verkörperung der Vegetationsgöttin, der Tochter von Mutter Erde, galt. Der Sonnengott, Sohn des hohen Himmels, war ihr Gemahl. Mit ihren blauen Augen hielt die Wegwarte ständig Ausschau nach ihrem Geliebten und drehte sich nach ihm. Die Wegwarte galt als Sinnbild der treuen Liebe, die oft mit vergeblichem Warten verbunden war. (WALA Heilpflanzenlexikon A-Z)
Um die leuchtend blauen Blüte der Wegwarte ranken sich viele Geschichten und Sagen. Alle haben gemein, dass sie von der Liebe der Blüte zur Sonne handeln. Die Blüten öffnen sich mit Sonnenaufgang, folgen ihrem Lauf bis zur Mittagszeit und verschließen sich dann wieder.
Die Wegwarte ist als Heilpflanze fast in Vergessenheit geraten. Bekannter ist heute der aus ihrer Wurzel gezüchtete Chicorée, als beliebter Wintersalat. Ihm wurden bei der Züchtung die meisten Bitterstoffe entzogen, so dass er im Geschmack milder ist, als die Wildform. Auch der Radiccio wurde aus der wilden Schwester gezüchtet.
Gerade die Bitterstoffe machen einen großen Teil der Heilwirkung der Pflanze aus. Die gebräuchlichste Form der Anwendung ist ein Tee aus der getrocknetenWurzel. Sein Wirkungskreis bezieht sich vor allem auf Leber, Galle und Milz.
Die Bitterstoffe wirken stoffwechselanregend und können daher auch bei rheumatischen Erkrankungen hilfreich sein. Schon Hildegard von Bingen empfahl die Wegwarte bei Verdauungsstörungen, Brustschmerzen und Heiserkeit.
Der abgekühlte Tee aus Wurzel, Blättern und Blüten als Auflage wird bei unreiner Haut, Ekzemen und Augenentzündungen empfohlen. Diese Anwendungen ersetzen aber keinesfalls den Besuch beim Arzt, wenn die Beschwerden nicht innerhalb von höchstens drei Tagen spürbar nachgelassen haben.
Weitere Inhaltsstoffe sind u.a. Inulin, Intybin, Cihoriin, Gerbsäure und ätherische Öle.
Der hohe Inulingehalt der Wurzel macht die Pflanze besonders für Diabetiker wertvoll, da es eine Stärkeform ist, die insulinunabhängig verstoffwechselt wird. Inulin wirkt sich positiv auf die Darmflora aus. Es dient als „Futter“ für die guten Darmbakterien. Wer keine Gelegenheit hat, die Wurzel zu ernten, kann Inulin aus Wegwartenwurzel auch als Nahrungsergänzungsmittel fertig kaufen.
Unter dem englischen Namen „Chicory“ ist sie auch bei den Bachblüten zu finden.
Der volkstümliche Name Zichorie weist auf den nach dem Krieg häufig verwendeten Zichorienkaffee als Kaffee-Ersatz hin. Dazu wird die Wurzel kleingeschnitten und ohne Fett vorsichtig in der Pfanne geröstet. Abgekühlt im Mörser fein zerstoßen oder in einer Kaffeemühle mahlen. So kann er wie Filterkaffee aufgebrüht werden. Der Geschmack soll kaffeeähnlich sein und er enthält kein Koffein. Zichorienkaffee gibt es auch gebrauchsfertig zu kaufen.
Sammelzeiten:
- junge Rosettenblätter im Frühjahr als Salat
- Blüten von Juli bis September als essbare Deko
- Wurzel: im März/April und Oktober/November
Die Wegwarte ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr bildet sie eine dicht am Boden liegende Rosette aus Blättern, die dem Löwenzahn ähneln. Sie sind jedoch spitzer gezahnt und unterseitig borstig behaart. Im zweiten Jahr treibt sie einen kantigen, hohlen, rau behaarten Stängel in die Höhe, der nach oben hin sparrig verästelt ist. Die himmelblauen Blüten befinden sich direkt an den Stängeln. Nach der Samenreife verteilen sich die kleinen Samenkörnchen oder werden mit dem Wind weitergetragen. Danach stirbt die Pflanze normalerweise ab. An Stellen, an denen sie sich besonders wohl fühlt, kann sie evtl. auch noch ein weiteres Jahr im Frühjahr wieder erscheinen. Wenn die Pflanze vor der Samenreife gemäht wird, hat sie keine Chance, zu überleben.
Verwendete Literatur:
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen (Fleischhauer/Guthmann/Spiegelberger)